Antwort an Ingo Senftleben

auf seine Reaktion auf unseren Offenen Brief

Sehr geehrter Herr Ingo Senftleben,

nachdem wir das Festival erfolgreich in Berlin durchführen konnten und alle Aufräumarbeiten abgeschlossen sind, möchten wir nun auf Ihre Reaktion[1] auf unseren Offenen Brief[2] antworten. Wir erkennen Ihr Bedauern über das Scheitern unseres Festivals in Kremmen an. Allerdings wollen wir an dieser Stelle nochmal einige Punkte aufgreifen und unseren Standpunkt verdeutlichen.

Gerne möchten wir dem Bürgermeister Herr Busse Glauben schenken, dass er Ihr Bedauern teilt. Allerdings haben die Ereignisse der letzten Monate unser Vertrauen tief erschüttert. Hinzu kommt, dass Herr Busse in seiner Amtszeit an keiner der Vor- oder Nachbereitungsrunden unseres Festivals in seinen Behörden teilnahm. Das er trotz vorhandenem rechtlichen Ermessensspielraum nicht dem politischen Willen seiner Stadtverordnetenversammlung folgte und die Anmeldung als Spezialmarkt mit volksfestartigem Charakter ablehnte, hinterlässt bei uns nach wie vor einen bitteren Beigeschmack. Wir hoffen das die Gräben zwischen dem Bürgermeister und unserer Orga-Crew mit Ihrer Unterstützung und dem politischen Willen der Landes-CDU überwunden werden und das nötige Vertrauen für die Kooperation wieder aufgebaut werden können.

Ähnliches gilt für die Untere Bauaufsichtsbehörde in Oberhavel und den dortigen Fachbereichsleister Herrn Grützmacher (CDU Kremmen). Auch dieser nutzte nicht die vorhandenen rechtlichen Ermessenspielräume. Er verlangte nicht nur eine Baugenehmigung sondern auch die Durchführung eines langwierigen und kostenintensiven Bebauungsplanverfahrens (B-Plan). Entgegen Verlautbarungen, wir hätten uns darum nicht gekümmert, weil wir es rechtlich nicht für notwendig erachten würden, möchten wir an dieser Stelle betonen, dass wir direkt nach dem Festival 2018 versucht haben das B-Plan-Verfahren auf den Weg zu bringen. Dabei bekamen wir wiederholt widersprüchliche Informationen von der Unteren Bauaufsichtsbehörde. Trotzdem holten wir uns die erforderliche Zustimmung des Ausschusses der Stadtverordnetenversammlung zu diesem Vorhaben ein. Hier muss sich Herr Grützmacher, die Untere Bauaufsichtsbehörde, aber auch die Landespolitik die Frage stellen lassen, wie ehrenamtlich organisierte Kulturveranstaltungen mit begrenzten finanziellen und zeitlichen Ressourcen diesen Anforderungen genügen sollen? Denn dies war uns erst im Januar 2019 möglich und damit viel zu spät für einen erfolgreichen Abschluss des B-Plan-Verfahrens vor dem Festival. Nebenbei bemerkt, haben auch die Gerichte durchblicken lassen, dass die Änderung des B-Plans keinesfalls notwendig wäre.

Doch den juristischen Weg konnten wir erst nach Erlass der Ordnungsverfügung der Unteren Bauaufsichtsbehörde gegen uns bestreiten. Wir drängten davor auf ein Gespräch mit Herrn Grützmacher, welches unter Beteiligung unseres Anwalts sowie lokaler und landespolitischer Akteur*innen (Grüne, Die Linke) stattfand. Alle sprachen sich für eine Einigung aus, während Ihr Parteifreund kein Interesse an einer gemeinsamen Lösung zeigte. Wir lassen uns daher nicht vorwerfen, wir hätten uns nicht oder einfach zu spät gekümmert. Trotz der Rechtsauffassung unserer Anwälte, dass die Forderungen der Unteren Bauaufsichtsbehörde ungerechtfertigt sind, haben wir alles uns Mögliche getan, um unser Festival im Einklang mit allen Behörden durchzuführen.

Isabelle Vandre (Die Linke) wies darauf hin, dass es sich um eine Lücke in der Brandenburgischen Bauordnung handelt. Die Urteile der Gerichte lassen sich ähnlich lesen. Sowohl das Verwaltungsgericht Potsdam als auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden lediglich über die formelle Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung. Unsere rechtlichen Einwände könnten ja irgendwann in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Frau Vandre gab in einer Pressemitteilung[3] an, dass es zu den Aufgaben des nächsten Landtages gehören muss, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Festivals zu konkretisieren und alternative, selbstorganisierte Kulturangebote zu ermöglichen. Diese Auffassung teilen wir.

Daher nehmen wir Ihr Angebot uns zu unterstützen an. Wir wünschen uns ein gemeinsames Gespräch mit Ihnen, dem Bürgermeister Herr Busse, Herr Grützmacher von der Unteren Bauaufsichtsbehörde, Vertreter*innen der örtlichen Zivilgesellschaft und Parteien sowie weiteren Landespolitiker*innen. Dabei möchten wir über verschiedene Themen ins Gespräch kommen. So erwarten wir einerseits zu erfahren, welche rechtlichen Anforderungen konkret (!) an uns gestellt werden. Andererseits wollen wir herausfinden, wie wir uns gemeinsam auf den Weg machen können das Festival wieder in Kremmen durchzuführen und das verloren gegangene Vertrauen zwischen allen Beteiligten wieder herzustellen. Zudem möchten wir über mögliche Änderungen im Brandenburgischen Baurecht sprechen, welche Ihre Partei und Sie gemeinsam mit den Linken, Grünen und der SPD in der nächsten Legislaturperiode umsetzen könnten.

Wir kommen sehr gern wieder in ein buntes Brandenburg und bitten um einen baldigen Gesprächstermin.

Mit freundlichen Grüßen

Die „Resist to Exist“-Orga-Crew


[1] vgl. Kommentar von Ingo Senftleben auf Facebook unter unseren Offenen Brief

[2] vgl. https://resisttoexist.de/wp/offener-brief/

[3] vgl. https://isabelle-vandre.de/festivals-ermoeglichen-nicht-verhindern/

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Unsere Antwort an Ingo Senftleben als PDF

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